Tonmeister Miguel Johnson über Abmischung, Hifi-Anlagen und die Kunst des HörensIn der Hand in seinem Studio in Horb hält Miguel Johnson stolz die Urkunde des „Internationalen Grand Prix der Musikschaffenden“ aus dem Jahr 2014. Gold für sein Label „Liquid Tree“ für den Song "Pool of Sorrow" von der Band Angelical Tears. Nicht die einzige Auszeichnung, die der studierte Tonmeister für sein Mastering eingeheimst hat. Wer besser kann einem die Frage beantworten: „Wie schule ich mein Gehör auf High End Niveau?“ Johnson: „Hören, hören, hören. Das ist die erste Antwort. Ich habe schon mit zehn bis elf Jahren angefangen, Musik zu mischen. Damals noch mit Kassetten und Overdubs. Später habe ich dann Tonmeister studiert, weil ich genau wissen wollte, wie das alles von der Elektronik, den Frequenzen und der Technik funktioniert. Dazu hatte ich Klavierunterricht und habe gelernt, zu hören, wie die Töne klingen.“ Doch wie lernt man das hören? Johnson: "Man muss sich wirklich viel Zeit nehmen, Musik zu hören. Irgendwann stellt man fest: Das Gehör wird feinfühliger. Erste Regel an der High End Anlage: Jeden Filter, jeden Equalizer ausschalten. Das muss alles auf Null sein. Was bringt eine High End Anlage für 50000 oder 100000 Euro, bei der die Bässe um 3 Dezibel angehoben sind, damit es beim hören klingt?" Welche Rolle spielen die Abmischung beim Musik hören? Johnson: "Ein guter Tonmeister mischt die Aufnahme so ab, dass sie sowohl auf der High End Anlage als auch auf dem Uhrenradio in der Küche beim hören so klingt, dass man erfasst, was die Musik ausdrücken will. Die High End Anlage ist aber in der Lage, bei guten Abmischungen die Musik so abzubilden, wie es nach der Meinung des Tonmeisters klingen sollte. Die große Kunst ist, die Instrumente so zu separieren, dass beispielsweise die Geige wirklich leise ist. Jedes Element des Drumkits seine Charakteristik behält, ohne zu einem Klangbrei zu verschwimmen. Und beim Basslauf im Heavy Metal jeder einzelne Ton zu hören ist, ohne dass er mit der Base Drum und der Rhythmus-Gitarre zum Klangbrei wird." Welche Möglichkeiten gibt es für einen Tonmeister? Johnson: "Ein klassisches Set-Up im Rock ist: Schlagzeug und Bass hinten, die Becken links und hinten rechts, die Rhythmus Gitarre links vorne, die Solo-Gitarre rechts vorne und die Stimme in die Mitte. Früher in den analogen, guten Abmischungen waren dazu die Geigen beispielsweise leise dargestellt. In der Kombination aus all diesen Elementen erreichst Du als guter Tonmeister, dass die Musik eine echte Dynamik beim hören entwickelt. Heutzutage sieht man bei vielen Mischungen beim Frequenzgang leider, dass in den Mischungen alle Instrumente wie eine Frequenzwurst gleich laut sind." Was steckt hinter den Dezibel-Wars? Johnson: "In den 80er Jahren haben die sogenannten Dezibel-Wars begonnen. Früher hat man viele Aufwand in die Produktion gesteckt, um den Charakter eines Instruments einzufangen. Doch laut klingt nicht besser, nur, weil Du dein Gehör nicht geschult hast. Nur, weil Du nicht gelernt hast, leise Töne zu hören. Wie beispielsweise bei Deinem Referenzstück „No leaf Clover“ Metallica (S&M). Da haben sie die Geigen so laut gezogen wie das Heavy Metal Set der Band. Dadurch verliert die Violine ihren Charakter. Sie ist sanft und kann nicht so laut sein beim hören wie das Heavy Metal Schlagzeug." Was sind Deine Tipps für exzellente Abmischungen als High End Referenz? Miguel geht zu seinem Plattenspieler. Zieht ein paar Platten raus. Caverna Magica von Andreas Vollenweider. Wir hören. Sagt: „Perfekt, wie die Schritte, das Tropfen der Stalaktikten die Harfenmusik ergänzt.“ Nächster Tipp: „Even in den Quietest Moments“ von Supertramp. Tonmeister Johnson: „Teilweise geht Sänger Mark Hart im Gesang ins Legato, dazu wird Hall draufgelegt – und die Streicher stören das nicht wie üblich.“ Heavy – Iron Maiden von Iron Maiden (1980). Miguel Johnson: „Gründer der Band war Bassist Steve Harris. In der Abmischung schafft es der Tonmeister, dass jeder einzelne Ton des Basslaufs zu hören ist. Jeden Anschlag, ohne Klangbrei mit den anderen Elementen.“ Seine weiteren Tipps: Pink Floyd – The Wall. Dire Straits – Love over Gold. Doch wie kann kann ich jetzt mein Gehör auf High End Niveau schulen? Johnson klatscht in die Hände, man hört das Echo: „Der Raum hier hallt. Um hier abzumischen, gibt es zwei Alternativen: Entweder mache ich ihn komplett Schalltot. Oder ich investiere das Geld in die Mischtechnik, was mir persönlich lieber ist. Ich höre dann also die Aufnahme durch verschiedene Lautsprecher und vergleiche das mit dem Klang, den ich auf den Kopfhörern habe. Da es auf den Kopfhörern den Effekt des Raumes nicht gibt, lernt man so natürlich, die Differenzen in der Widergabe zu hören. Ich persönlich mag den Kopfhörerklang nicht so, weil er nicht so voll wie das hören im Raum klingt. Aber beim Vergleichshören sind sie unverzichtbar. Vor allem, wenn ich mir beim Abmischen unsicher bin, höre ich mir über die Kopfhörer die Bestätigung, ob die Mischung stimmt oder nicht." Was hast Du noch für Tipps? Johnson: Elektronik und die Störungen sind natürlich auch ein Riesen-Thema im privaten Hörraum. Dreh einfach den Verstärker ohne Quelle auf. Wenn er brummt beim hören, stimmt entweder was mit den Kabeln oder dem Verstärker nicht. Dazu kann man sein Gehör per App trainieren. Es gibt jede Menge Apps als Hearing Analyzer. Schafft man es noch, 125 Hertz zu hören? Ohne Kopfhörer? Damit kann man das auch trainieren. Wichtig, weil die Töne einer Gitarre sich in einer Frequenz zwischen 125 und 200 Hertz bewegen.
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AutorJürgen Lück, Reporter beim Schwarzwälder Boten, schreibt hier über sein Lieblingshobby: Das Hifi High End Musikhören Test: Der Geniestreich von Phonar heißt 9.2 SE
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